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Kapitel III "Kronen und Könige"

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Tagebuchauszug 14 Kells Oakheart

Zu Anfang fand ich die Idee ein Tagebuch zu führen ja ganz toll, aber mittlerweile geschieht so viel das ich eigentlich den lieben langen Tag nichts anderes tun müsste außer das geschehene niederzuschreiben und dafür fehlt mir definitiv die Zeit. Deswegen, hier die Kurzfassung, wir sind auf der Flucht vor der Kirche… Hier die etwas längere Fassung : Wir, das heißt Clemens und ich besuchten mit Gerald und meinem Schatten Karneol (Es ist ein ziemlich großer kräftiger und auffälliger Schatten) den roten Turm um uns von dem uns erzählten zu überzeugen. Es ist alles wahr, der Turm war voller Leichen die ausnahmslos Kirchenuniformen trugen, mit der Ausnahme der Bediensteten natürlich. Die Todesursache bei allen war die gleiche, rohe Gewalt, ich würde die Wunden einem großen kräftigen Tier zuordnen aber ich fand keine Beweise, weil anscheinend keiner der Angreifer getötet wurde zu meinem großem erstaunen, denn einige der Kirchensoldaten schienen Kampfbereit gewesen zu sein oder die Leichen der getöteten Angreifer wurden weggeschafft. Unzufrieden mit den Erkenntnissen machten wir uns wieder auf den Weg zum Hauptturm wo wir zu unserem erschrecken feststellen mussten das Derions Leiche nicht mehr da war, keinerlei spuren waren zu finden, als ob er weggezaubert worden wäre, vielleicht hat der Eine seine sterblichen Überreste zu sich geholt weil er dieses Grab nicht als angemessen gefunden hat. Dieses Rätsel sollte aber später dann gelüftet werden. Mit einem unguten Gefühl machten wir uns dann auf zum grünen Turm um den zweiten „Herrn“ zu suchen wie Karneol ihn nannte. Karneol, das Wesen welches die Leute nach ihrem Geruch unterscheidet und der festen Überzeugung ist das ich der Südkönig bin, zumindest ein Nachkomme derer. Das wirft wieder die Frage meiner Herkunft auf, die ich so lange Zeit verdrängt hatte weil ich eigentlich mit meinem Leben zufrieden gewesen bin. Des Weiteren frage ich mich warum meine Eltern mich zurückgelassen haben bei der Pflegefamilie, nicht das es dort schlecht gewesen wäre, ich würde nie so etwas sagen aber ich glaube diese Fragen sind nur ein Unwetter und das die folgen darauf wahrscheinlich ein Orkan werden würden. Im Turm erwartete mich dann eine freudige, für die anderen wohl eher eine unfreudige Überraschung. Am Turm lagerte eine Kompanie Kirchensoldaten die mit Johanna hergekommen waren. Johanna, so nah und doch so fern, Sie sah übernächtigt aus als wir von den Soldaten zu ihr geführt worden waren und das bedeutete gleichzeitig das mit ihr momentan nicht gut Kirschen essen ist. Sie fragte uns aus, was machen wir hier, wie sind wir an den ganzen Soldaten vorbei in den oberen Teil der Burg gekommen, Was zum Geier ist das für ein riesiges Vieh (worauf Karneol ein Grollen losließ das sie etwas ruhiger und wachsamer werden ließ). Clemens gab daraufhin die Geschichte zum besten wie wir in den Turm gelangten, Anton den Schlächter besiegten und eine menge Kleinigkeiten, die meisten Sachen die unsere neuen Gefährten betrafen ließ er aus, im Grunde genommen war ich damit nicht einverstanden aber ich dachte mir wenn es sie wirklich interessiert wird sie darauf näher eingehen. Nach der Geschichte bevor jemand was sagen konnte bat Noralee an die frische Luft gehen zu dürfen was Johanna auch gewährte weil sie auch erst einmal über das gehörte nachdenken musste, wie üblich begleitete Gerald Noralee. Von da an wurde es hektisch, Noralee und Gerald setzten sich ab und Johanna fiel wieder ein in welchem Zusammenhang sie Gerald schon einmal gesehen hatte… Er hatte einen Gefangenen befreit… uhoh, gar nicht gut, sie wollte ihn unbedingt zur Rede stellen und jedes Gegenwirken meinerseits machte Sie nur noch bestimmter bis sie mir den Mund verbot… Warum musste sie nur so dickköpfig sein, schließlich holten wir Gerald ein woraufhin Johanna ihn ausfragte aber das ganze warf noch mehr fragen auf als es beantwortete. Im Großen und Ganzen verließen Noralee und Gerald mit Clemens im Anhang Johanna zwar nicht mit bösen Worten, doch nicht annähernd freundlichen…. Wieder beim Turm schickte mich die Inquisitorin ihnen hinterher um sie im Auge zu behalten. Na super, ich soll bei Leuten bleiben die mir nicht vertrauen und mich wahrscheinlich in die bizarrsten Abenteuer reinziehen, was wahrscheinlich alles gar nicht meine Aufgabe ist, dabei könnte ich in einem schönen warmen Bett neben Ihr liegen und ihren regelmäßigen Atemzügen lauschen während sie schläft. Ich würde wieder was ordentliches Essen können, müsste nicht mehr durch irgendwelche dunklen Gänge stolpern sondern wäre hier bei ihr… Sie sagte ich solle auf mich acht geben (als ob ich das nie tun würde) und das sie uns zwei Tage geben wird, weil noch andere Gerald erkannt haben. Steckbriefe sind doch etwas tolles oder? Als letztes noch ein paar Informationen die Johanna mir geben konnte, der Pontifex ist von seiner Krankheit genesen, wie weiß keiner so genau. Der Nordkönig soll den Südkönig vergiftet haben und sitzt im Kerker des Südens unter Mordanklage weil er wohl gerade wieder seinen Freundschaftsbesuch im Süden abgehalten hat. Ja klar, Wenn der Nordkönig den Südkönig vergiftet hat, die waren dicke Freunde und wer ist bitte schön so bescheuert und hält sich während einem Mordanschlags im gegnerischen Reich auf, er hätte bestimmt seine Leute dafür obwohl ich ihm das echt mal gar nicht zutraue. Johanna sagte noch etwas von einer Erbkrankheit bezüglich des Südkönigs und zusammengewachsenen Zehen, ich habe aber nicht so genau zugehört weil ich sie anstarrte und versuchte mich an ihr satt zusehen, es wird wahrscheinlich eine lange Zeit dauern bis ich sie wieder sehe… Tja, das war es erstmal, ein total ereignisloser Tagebucheintrag, ich bin mal gespannt wer noch so alles plötzlich aus dem Sterbebett auftaucht, wer von uns der geheimnisvolle Nachkomme des Königs des Nordens ist, der Eine oder der andere ist. Kells Oakheart.

Tagebuchauszug 15 Gerald Fletcher

Hatschi!!! Schuldigung. Dieser Schnupfen macht mich noch fertig. Zum Glück haben wir jetzt wieder jemanden bei uns, der sich auch mit der Kunst des Heilens auskennt. Derion ist zurück! Es ist unglaublich, aber eines Abends stand er da am Wegesrand. Er hätte Tod sein müssen. Wir alle sahen ihn sterben und haben ihn zur letzten Ruhe gebettet. Aber da ist er wieder. Ich hatte auf der vor uns liegenden Reise nach Winterfell mit allem gerechnet, aber das übertraf meine kühnsten Vorstellungen, wie schon sooft in dieser Geschichte. Es ist gerade mal fast eine Woche her, da machten sich Noralee, Clements und meine Wenigkeit auf den Weg nach Winterfell. Großinquisitorin Johanna gab uns zwei Tage Vorsprung, um so weit wie möglich von ihrem Lager weg zu kommen. Ihre Großzügigkeit muss wohl an ihrer und Kells Vergangenheit gelegen haben, da mein zweites Zusammentreffen mit ihr wohl nicht gerade den besten Eindruck hinterlassen hatte. Egal, mache mir aber besser mal eine Notiz,, dass man Würdenträger doch etwas Respektvoller entgegentreten sollte. Muss wohl mal wieder in die Zivilisation, um meine Manieren aufzufrischen. Wie dem auch sei. Wir drei machten uns dann auf den Weg durch die Nacht, dem Schnee und die Kälte. Hatte ich schon erwähnt, dass wir zu Fuß unterwegs waren??? Was für eine gute Strategie! Aber Noralee wollte unbedingt so weit wie möglich weg von dem Kirchenlager. Kann ihr keiner verdenken. Nach einiger Zeit stieß Kells zu uns, mit seinem Schatten Carneol. Er gab offen zu, dass er uns für Johanna im Auge behalten sollte. Interessant, für Johanna, nicht für die Kirche. Dann ging das in den letzten Tagen übliche Gezänke los. Clements stichelte Kells mit seiner angeblichen Königsnachfolge und dieser reagierte abweisend und leicht gereizt. Ich weiß nicht mehr wer Carneol die Frage stellte, aber es ging um den Bau der Mauer und seit wann Carneol auf dieser unserer Welt war. Wie immer drückte sich Carneol etwas kompliziert aus, aber folgendes wissen wir jetzt: Carneol und sein Herr waren vor der Mauer da und er hat den Bau der Mauer, an derer auch sein Herr beteiligt war, verfolgt. Noralee erschuf daraufhin ein Bild des Mannes, welcher sich Avalun nennt und in ihrem Kopf herum spukt. Clements war sichtlich überrascht über die Erscheinung in der Luft und Carneol wirkte angespannt. Carneol wusste, das was geschehen war, konnte die Erscheinung aber nicht wahrnehmen. Anscheinend reagiert er auf Magie, nimmt diese aber anders war. Noralee wurde es dann irgendwann zu dumm. Sie machte sich wieder auf den Weg gen Winterfell, etwas vor sich hin am brabbeln, gefolgt von drei verwirrten Männern und einem Löwen. Clements traute sich als erster sie wieder anzusprechen und fragte sie über Avalun aus, speziell über den Ring den er trägt. Dieser zeigt anscheinend ein altes Wappenteil des Nordens. Sofort startete die nächste größere Diskussion, die zum wiederholten Male zu nichts führte. Als die Kälte immer mehr zunahm, bat ich Kells darum, das Noralee auf Carneol reiten dürfte. Nach einigem Sträuben von Noralee ließ sie sich auf dem Rücken des Löwen nieder. Es schien ihr sehr gut zu gefallen und nach kurzer Zeit hörte man nur noch ein leises Schnarchen. Danach brauchte Clements wohl ein neues Opfer für seine Fragen und es war zum Glück mal wieder Kells. Das Thema? Natürlich seine zukünftige Thronbesteigung, aber auch zum ersten Mal einige Infos zu seiner Herkunft. Jetzt weiß ich wenigstens, dass er 25 Jahre alt ist, er zwei zusammen gewachsene Zehen hat und eine Frau ihn bei seinen Pflegeeltern abgegeben hatte. Ich kann nur hoffen, das Kells etwas besonnener reagiert, wenn er auf Calimar trifft. Die Geschichte, über das letzte Zusammentreffen zwischen Osborn und Calimar, machte Clements etwas sorgen. Aber bis dahin hat er Kells bestimmt noch etwas weiter in Richtung königlicher Etikette trainiert oder Kells ihn erschlagen. Mal sehen, was zu erst passiert. Eines scheint aber sicher, wenn Kells nicht Anspruch auf den Thron erhebt, wäre kein direkter Erbe mehr da und dieses würde kurz über lang zum Bürgerkrieg führen würde. Natürlich bestehe noch die Möglichkeit, Osborn auf den Thron zu setzen. Man hat wohl immer die Wahl, hierbei zwischen Pest und Kohlara. Als nächstes suchten wir uns einen halbwegs geeigneten Lagerplatz, in einem kleinen Wäldchen. Nachdem das Lager soweit fertig war, legten wir uns hin, während Carneol Wache hielt. Die Nacht verlief ruhig, aber es war richtig kalt. Hatschi!!! Entschuldigung! Am nächsten Morgen, nach dem wir uns soweit frisch gemacht hatten, begann die nächste Diskussion. Wie sollten wir Carneol unerkannt durch die Lande mitnehmen? Wir berieten schon einige Zeit, als mir ein Falke am Himmel auffiel. Er zeigte ein merkwürdiges Verhalten für ein wildes Tier, als ob er nach jemanden suchte. Spätestens als ich die Schnüre an seinen Beinen sah wurde es mir klar. Das Vieh suchte nach uns. Kaum hatte ich den Gedanken, stieß der Falke mit einem Schrei auf uns hernieder und landete behutsam auf Kells Arm. Kells gab an, das es sein Jagdfalke wäre, welchen er bei Johanna gelassen hatte. Der Falke hatte eine Nachricht dabei, welche uns aufforderte, zu warten. Kells stieg daraufhin mit Carneol in die Lüfte, um sich ein klareres Bild von der Umgebung zu machen. Wir anderen beschlossen, der Nachricht folge zu leisten. Nach ca. 10 Minuten landete Carneol, mit einem sehr blassen Kells, wieder bei uns am Lager. Kells berichtete von einem Reiter mit fünf Pferden im Schlepptau. Schien von dem Lager der Großinquisitorin zu kommen. Wir warteten. Wenig später tauchte der Reiter, sein Name war Jeffrey, bei uns am Lager auf. Er übergab uns die Pferde, wobei eines mit Proviant und Winterkleidung beladen war. Noralee stürzte sich sofort auf die Sachen, wie ein Kind zur Feier des Einen. Jeffrey hatte auch eine Nachricht für Kells von Johanna. Er sollte sich nichts abfrieren. Vielleicht sollte ich Kells doch mal auf sein Verhältnis zu Johanna ansprechen. Er scheint mir mehr, als nur ein Untergebener zu sein, jedenfalls nicht nur in beruflicher Hinsicht. Von Jeffrey erfuhren wir, dass die Armee sich bereit machte, in den Norden zu marschieren. Auch sind Meldungen über neue Gräueltaten und verstümmelten Leichen im Umlauf. Wir verabschiedeten uns dann von Jeffrey, nicht ohne ihm viel Glück zu wünschen und machten uns weiter auf den Weg nach Winterfell. Die Reise nach Winterfell verlief die ersten drei Tage ohne größere Zwischenfälle. Noralee wirkte sehr in sich gekehrt, Kells war wie immer gut gelaunt und Clements fing an, Lieder über unsere Reise zu dichten. Man merkte, dass er vom Theater kam, da er einige Passagen sehr ausschmückte. Alles in allem verlief die Reise aber friedlich. Dann kam der Abend des dritten Tages. Wir folgten weiterhin der alten Strasse nach Winterfell. Das Sonnenlicht verschwamm, Nebel zog auf, tauchte alles in ein unheimliches Zwielicht. Die Kälte nahm zu und feiner Dunst durchnässte unsere Kleidung. Wir ließen unsere Pferde langsam traben. Plötzlich schaute Carneol nach links. Wir folgten seinen Blick. Eine schwarze Gestalt am Wegesrand, welche über etwas kauerte. Carneol roch Tod. Kells und ich zogen die Waffen und lenkten unsere Pferde zu der Gestalt. Kells rief der Gestalt zu, sie solle sich zu erkennen geben. Keine Reaktion. Machte mich bereit für den Angriff. Dann rief Clements und die Gestalt drehte sich langsam in unsere Richtung und ich sah das Gesicht. Derion!!! Das konnte nicht sein! Hexenwerk! waren meine Gedanken. Sofort kam die Erinnerung an Anton in mir auf. Welch ein Frevel. Noralee stürmte sofort auf Derion los, ohne auf meine Warteaufforderung zu achten. Sie umarmte ihn. Derion oder wer auch immer schien überrascht, ließ die Umarmung aber zu. Ich näherte mich vorsichtig. Noralee befahl mir das Schwert wegzustecken, aber ich erwiderte, dass dieses Wesen auch Anton sein könnte, der Derions Körper übernommen habe. Noralee wirkte überrascht auf meine Äußerung, aber Derion, in seiner gewohnt ruhigen Art, wollte sich von mir prüfen lassen. Ich fragte ihn nach Begebenheiten aus meiner und unserer Vergangenheit, die nur er und Noralee wissen konnten. Alles wurde korrekt beantwortet. Das reichte mir als Beweis und ich steckte mein Schwert weg. Dann war es an mir ihn in die Arme zu schließen und mir liefen die Tränen. Noralee sagte irgendetwas von Feuer. Feuer? Ach ja, Feuer! Jetzt erst wurde mir bewusst, das Derion nichts anhatte, außer seiner Robe. Sofort machten wir uns daran, einen Lagerplatz auf zu schlagen und Derion mit Winterkleidung auszurüsten. Es war dann an Kells, das tote Maultier zu untersuchen, über welches Derion gekauert hatte. Es war Derions, welcher ihm damals die Freiheit schenkte. Leider kam es nicht weit. Die Verletzungen erinnerten an die Schnittwunden der Wachen im schwarzen Turm. Wir wussten alle, was das zu bedeuten hatte. Dann war es an Derion, über seine „Auferstehung“ zu berichten. Er erzählte von dem Nichts, in das er eingetaucht war. Von der Stimme, von dem Wesen Avalun, welches ihn vor die Wahl stellte und sein und unser aller Weltbild erneut ins wanken brachte. Das es kein Paradies gebe, wie es die Kirche darstellte, das der Eine da, aber nicht so wäre, wie wir uns ihn vorstellen würden. Alles, woran wir glauben, sei nur Illusion, durch die Kirche und die Jahrhunderte verfälscht. Avalun gab ihm die Wahl zurück zu kehren, um seine Geschichte weiter zu schreiben oder ins Nichts einzutauchen, für immer. Derion wählte die Rückkehr, nachdem er Noralees Beerdigungsrede aus der Ferne vernahm. 11 Tage sind seither vergangen und Noralee versorgte Derion mit den neusten Informationen. Auch über Avalun berichtet sie. Derion wurde blass. Kells und ich boten ihm gleichzeitig Brandwein an. Er verträgt immer noch nichts! Wieder haben wir hunderter Fragen, aber keine Antworten. Die Nachricht über die Genesung des Pontifex nahm Derion sehr gelassen, sogar mit Freude auf, auch wenn der Preis dafür wahrscheinlich ein hoher Blutzoll sein wird. Die Ermordung des Südkönigs und die daraus möglichen kriegerischen Konsequenzen stimmten ihn dann doch wieder nachdenklich. Es ist wie es ist. Entweder bekennt sich Kells oder Osborn zur Nachfolge, ansonsten wird es einen Bürgerkrieg geben. Carneol bekräftigte noch mal, aber sichtlich gereizt, Kells Anspruch auf den Thron. Derion ist fasziniert von Carneol, welcher ihn als zum größten Teil menschlich empfindet. Wieder ein Rätsel. Langsam reicht es mir damit. Nach weiteren Spekulationen und Diskussionen wollte Derion nur noch alleine sein. Für uns eine gute Gelegenheit, etwas Schlaf zu bekommen und das Erlebte zu verarbeiten. Ob Derion überhaupt Schlaf finden wird die Nacht, halte ich für fraglich. Eine Sache stimmte mich dann doch noch etwas nachdenklich. Es ging um das „Angebot“, was mir Noralee auf dem Weg zum roten Turm machte. Ich hatte es damals falsch verstanden. Ich hätte nicht gedacht, dass sie Tote wieder ins Leben zurückholen könne und deswegen bezog ich es auf eine tödliche Verwundung. Aber meine Antwort war die Gleiche, zu mal es jetzt so aussah, dass nach meinem Tod nichts mehr kommen würde. Hatschi! Na toll, jetzt fängt auch noch mein Hals an rau zu werden.

Tagebuchauszug 16 Derion

In den Weiten vor Winterfell dämpfen der Schnee und die Weite alles fast bis zur Bedeutungslosigkeit, die Welt selbst scheint uns klein und unbedeutend zu machen. Und doch sind unsere Gedanken von einer Tiefe, die mir zeigt, dass wir auf uns selbst und unsere nackte Existenz zurückgeworfen sind. War ich tot? Ist dies eine neue Welt? Bin ich ein Mensch? Gibt es die Verheißung eines Paradieses? Gibt es den Einen?

Ich glaube: Ja. Ich glaube, dass wir alle glauben wollen. Oder wünsche ich mir dies nur?

Mein Flehen um ein Zeichen ist erhört worden, doch so ganz anders, als ich mir dies nur vorzustellen wagte. Die alten Schriften berichten uns von einem Rausch, einer Ekstase, die der reine, unvernünftige Glaube über uns bringen kann. Blinder Glaube mag vielleicht mehr an Trost in sich bergen, mehr an Kraft, als all die weisen du gelehrten Schriften, denn er fegt alle Zweifel hinweg und lässt für nichts anderes Raum als für Urvertrauen und für die unmittelbare Erfahrung des Unendlichen, Göttlichen. Aber sogleich meldet sich auch eine leise Stimme, die ich immer mit Bischof Darosios, dem vielleicht klügsten meiner Theologie-Dottori in Raverra in Verbindung bringen werde und mahnt, dass Klugheit und Vernunft auch in der Religion ihren Platz haben müssen, da wir erst durch sie den Glauben in seiner ganzen Größe ermessen und ihn in Worte kleiden können.

Nun, wie würde Prior Athelstan sagen: Große Gedanken für einen kleinen Menschen. Unwillkürlich muss ich lächeln, als ich an den alten Ordensbruder denke, der mich vielleicht mehr über den Glauben gelehrt hat als alle Dottori und gelehrten Herren in Raverra.

Während wir durch die weiße Weite wandern, streifen wir alle immer wieder Themen, die uns augenscheinlich berühren.

Kells Königtum scheint ihm einiges an Unbehagen zu bereiten, zumal Noralee mehrfach darauf dringt, dass er unbedingt mit Kalimar sprechen soll, dieser sei ein ‚guter Mann’. Mir will der Gedanke nicht aus dem Kopf, dass Kalimar anscheind vor allem wohl eines ist: Ein mächtiger Mann und vielleicht auch ein Mann der Macht. Meiner Frage, ob Kells König sein will, weicht er aus; verweist darauf, dass es seine Pflicht sein könnte.

Viele Fragen mehr streifen wir: Noralee und die Magie, Clemens und die Bedeutung der Geschichte.

Wie erleichternd es doch sein kann, dann einfach mit den anderen im Schnee zu tollen, all die Fragen und was-wäre-wenns zu vergessen, unbeschwert und übermütig zu sein, wie es sonst nur Kinder sein können.

Am Mittag des übernächsten Tages sehen wir rechts ab von unserem Weg eine Rauchsäule, die drohend in den Himmel ragt Noch während Gerald uns vor möglichen Feinden und Gefahren warnt, missachten gerade Noralee und ich diese sicher gut gemeinten Ratschläge. Vor uns eröffnet sich ein Bild des Grauens. Ein kleiner Weiler aus vielleicht sechs Häusern ist vor nicht allzulanger Zeit niedergerissen, niedergebrannt, sinnlos vernichtet worden. Überall liegen Pferdekadaver, geschlachtete Nutztiere und grausam gemordete Menschen in den Ruinen. Und inmitten dieser Orgie der Zerstörung kniet eine junge Frau im blutbefleckten Schnee, die einen vielleicht 8-9 jährigen Jungen in ihrem Schoß wiegt und eine leise Melodie summt, die mir an diesem Ort schier das Herz zerreißen will. Sie ist zierlich, zart, zerbrechlich. Ihre kastanienbraune Haarflut umrahmt tiefgründige grüne Augen, in denen sich der Schrecken dieses Ortes spiegelt. Erst später werde ich gewahr, dass der Junge längst gestorben ist, wie alles weitere Leben an diesem Ort. Der Eine möge uns beistehen, es ist gerade so wie im schwarzen Turm.

Kaum vermag sich die in einfache Bauerkleider gehüllte Frau an ihren Namen zu erinnern. Lucia lautet dieser, sie erinnert sich an nichts oder will sich vielleicht auch nicht erinnern.

Ich nehme kaum wahr, dass die anderen sich um die Toten kümmern, sie in einem nahezu intakten Haus sammeln, damit wie sie später den Flammen überantworten können. Heiler, tu dein Werk für die Lebenden, für die Toten hat der Priester auch später noch Zeit. Wieder so ein Gedanke von Athelstan.

Später stehen wir alle erschöpft vor dem Berg der Toten und nur mühsam finde ich wenige Worte des Abschieds für die Toten, bevor wir das Holz entzünden. Kells, der in den letzten Tagen oft mürrisch und abweisend wirkte, überrascht mich mit dem wunderschönen Gedanken, dass mit dem Rauch die Seelen der Toten in den Himmel emporsteigen, man könne sie sehen, wenn man nur genau genug hinschaue.

Leise spreche ich einen Grabsegen für die Verstorbenen, damit ihre Seelen Ruhe finden mögen im Einen.

Und Kells ist es auch, der im Schnee Spuren findet: Sowohl Sputen von dreiklauigen Wesen, die den Weiler verlassen, als auch Spuren Lucias, die anscheinend von außen an diesen Ort gekommen ist. Wieder erinnern wir uns an den Schwarzen Turm und in mir wallt eine unbändige Wut auf sowie Trauer, Zorn und zuletzt eine grimmige Entschlossenheit. Nach Raverra zieht es mich nun, um Rechenschaft zu fordern für all dies hier, vielleicht auch Widergutmachung. Ist es wirklich erst wenige Wochen her, dass ich in Luceria eingetroffen bin?

Widerum ist es Kells, der uns daran gemahnt, dass jemand die Bewohner dieses Landes warnen muss. Oder – und das ist der Entschluss, den wir schließlich fassen – wir folgen jener Spur und vertrauen darauf, dass wir gewappnet mit Geralds Engelsklinge und Schwertkunst, mit der Kreatur Karneol und mit Noralees Magie gegen jene Kreatur bestehen werden.

Lucia findet ihren Platz vor mir im Sattel und es bedarf Kells ganzer – und offensichtlich beträchtlicher - Kunst des Aufspürens, die Spur nicht zu verlieren. Wir folgen ihr bis zum Einbruch der Nacht und bis uns schließlich die Erschöpfung Einhalt gebietet. Kaum vermögen wir uns darauf zu einigen, dass stets einer von uns mit Karneol Wache halten soll. Und wieder einmal ist es eine von Noralees scharfsinnigen Fragen – diesmal an Karneol – die uns alle aufhorchen lassen. Ob der Wächter schon mal so etwas gerochen habe wie den Geruch jenes Wesens, dass wir verfolgen. Die Antwort lautet, dass es schon einmal etwas Ähnliches gewittert hat, nämlich den Wächter des anderen Herrn.

Aber selbst unsere schon fast alltägliche Verwirrung hält nur kurz, so ermattet sind wir, so dass wir nach einem schnellen Abendmahl in unsere Zelte fallen, während ein runder Vollmond langsam in den Himmel steigt.

Mitten in der Nacht werde ich wach, eine schläftige Stille liegt über unserem kleinen Lager. Lucias Lager neben meinem ist leer, was mich hastig an die Zeltöffnung treibt. Im sanften Licht des runden Mondes ist alles ruhig, nur die Flammen des Feuers zeigen eine kleine Bewegung. Kaum spüre ich den ruhenden Schatten Karneols, als eine schlanke Gestalt vor das Feuer tritt, dessen Flammen ihre Konturen umschmeicheln. Lucia. Ich nehme kaum wahr, dass sie allein in ihr Untergewand gehüllt ist, als sie wieder in unser Zelt schlüpft. Dann enden alle Gedanken. Leise sinkt ihr Gewand zu Boden und sie steht vor mir: Zart, sanft und wunderschön. Langsam streichen ihre Finger über meine Brust, drücken mich sanft zurück auf die Bettstatt. „Ich liebe dich“. Das sind die letzten Worte, die ich für den Rest der Nacht höre und gegen sie bedeuten alle Versprechen, alle Gedanken, alle Befürchtungen nichts mehr, sind vergessen in einem sanften Rausch, in dem die Welt entrückt wird.

Am nächsten Morgen ist Lucia fort. Nur eine Spur ihrer schlanken Füße führt hinaus in die schneeweiße Weite, die von der ersten Morgensonne in ein funkelndes Märchenland verwandelt wird. Alle Nebel und Wolken der letzten Tagen scheinen sich aufgelöst zu haben. Lucias Spuren im Schnee werden immer flacher, bis sie inmitten des Lichtermeers einfach enden, ins Nichts entschwinden, in die klare Luft, eins werden mit der Welt.

Ich wollte, ich könnte die ganze Welt umarmen, denn in jedem Lichtstrahl spüre ich einen Hauch von Ihr, Ihrem Licht, Ihrer Wärme, Ihrer Liebe.

Ja. Ich glaube!

Tagebuchauszug 17 Noralee

Tagebuchauszug von Noralee Lucia war fort. Derion meinte mit einem verklärten Lächeln auf dem Gesicht dass sie ihm sagte dass sie ihn liebe und ich verspürte einen schmerzhaften Stich in meiner Brust. Warum? Nur langsam dämmerte es mir, dass es nicht mein Gefühl war. So bald ich konnte, trennte ich mich von den anderen um mit Avalun zu reden. Wie es genau kam, vermag ich nicht mehr zu sagen. Er sagte etwas das mich verletzte und ich schlug um mich. Ich schrie ihn an er solle verschwinden und als er tatsächlich fort war fühlte ich mich alleingelassen wie nie zuvor. Ich weinte, flehte und bettelte ihn an zurück zu kommen. Warum? Sind mir die Reisegefährten denn nichts wert? Warum zählte Avalum so viel? Er kam zurück. Er gab mir halt. Er tröstete mich. Ich war nicht mehr alleine. Während unserer Verfolgung des Monsters schweiften meine Gedanken immer wieder zu dem Streit mit Avalun. Derion merkte wohl das etwas nicht stimmte und als er mich fragte wollte ich erst abwinken. Doch ein Blick und ein aufmunterndes Nicken von ihm und ich vertraute mich ihm an. Erzählte von Avalun, von dem Streit und von dem Gefühl des Alleine seins. Erst während der Unterhaltung mit Derion keimte in mir die Frage auf, ob ich Avalun liebe. Und wie weit ich für ihn gehen würde, nur damit er mich nicht alleine ließ. Was, wenn Avalun so böse ist wie Gerald es annimmt? Ich kam zwar zu keinem Ergebnis, aber es tat gut all diese Gedanken einmal auszusprechen, auch wenn ich mir darüber im Klaren war, das neben Derion, Avalun an meinen Gedanken teilnahm. Wir folgten der unregelmäßigen Spur, die dieser Mutanten-Engel hinterließ. Irgendwann wurde der Wald so dicht, dass wir die Pferde führen mussten und plötzlich zerriss das Dickicht vor uns und dieses Monster schlitzte Geralds Pferd mit einem einzigen Hieb den Bauch auf so dass es tot zusammenbrach. Dann war es mit einem riesigen Hechtsprung über uns hinweg und verschwand wieder. Hätte ich nicht das tote Pferd als Beweis vor mir liegen gehabt, hätte ich es für einen Alptraum gehalten so schnell und so unbarmherzig war das geschehen. Wir suchten weiter und irgendwann meine Gerald sehr passend das nicht klar ist wer hier wen jagte. Wir verschanzten uns auf eine Lichtung und Kelts lockte das Monster zu uns. Meinen ersten Zauber hat es zurückgeschleudert. Mein zweiter Zauber hat ihn nass gemacht. Kelts Pfeile drangen mit einem fiesem Geräusch in ES ein und so hoffe ich dass der nächste Zauber funktioniert. Nur nicht ablenken lassen, Noralee. Sieh nicht all zu genau hin. Achte nicht auf seine messerscharfen, gekrümmten Klauen an denen das Blut und die Fleischfetzen seiner Opfer hängt. Ignoriere die unheilvolle Schwärze, die dich in die Tiefe zu ziehen droht, dort wo sein Gesicht sein sollte und höre weder auf die gespenstische Stille die ES umgibt noch auf die Geräusche die ES macht und die dir das Blut in den Adern gefrieren lasen. Vertraue auf dich, Noralee. Du hast einen Schutz um euch gewoben, du hast einen Zauber gewirkt und kannst nun den nächsten Zauber darauf aufbauen. Vertrauen darauf ,das Kelts mitspielt und sein nächster Pfeil trifft, vertraue darauf das Derions Gesang das Wesen weiter anlockt und unvorsichtig werden lässt und vertraue darauf das Gerald dich Verteidigt und schützt. ES kommt immer näher, jetzt ist ein guter Zeitpunkt Noralee…..

Tagebuchauszug 18 Noralee

Der Kampf war grausam. Das Wesen war ungemein Stark und Mächtig. Es Widerstand Kells Pfeilen, trotzte Derions Gebeten und Widerstand meiner Magie. Zwar zeichneten sich immer wieder Erfolge ab, jedoch machte der Mutant sie jedes mal wieder zunichte. Selbst Karneol hatte Mühe, sich diesem Wesen zu widersetzen und brach sich mit einem grauenvollen Geräusch einen Flügel im Kampf. Wirklich Machtlos war ES jedoch gegen die Engelsklinge von Gerald. Mit einem einzigen Hieb zerteilte Gerald das Wesen in der Mitte und den Todesschrei den ES ausstieß werde ich mein Lebtag nicht mehr vergessen können. Es war das entsetzliche Kreischen eines Kindes das da starb. Derion war ebenso entsetzt wie ich. Das Kells das ganze ebenso nah ging wie uns merkte man nur daran, dass er nach dem Kampf Wortlos meiner Aufforderung nachkam das Pferd zu suchen, das durchgegangen war, ohne das er eine bissige Bemerkung machte. Und Gerald? Während ich die Pferde beruhigte und versorgte sprach Derion mit Gerald, der sich mit verschlossener Miene zurückgezogen hatte. Hatte er bisher immer nur Gegner gehabt die er eindeutig als „Nur Böse“ einstufen konnte oder warum setzte ihm jeder Kampf so zu? Warum sah er seine Tat nicht als das was es was? Er hatte diese Kreatur erlöst. Vielleicht ist es wirklich so wie Gerald mir gesagt hat. Vielleicht wäre er lieber ein Bauer. Welch verschwendete Gabe. Nun, bei Derion war er gut aufgehoben. Als ich mir die Leiche ansah bevor wir sie zu Grabe trugen, wurde mir wahrlich übel. Was für ein armes Wesen. Was ist nur los mit mir? Dieses einzelne bösartige Wesen rührte mein Herz mehr an als seine zwei Dutzend Opfer die wir erst gestern in dem Dorf fanden. Vielleicht war es der Gedanke, dass die Opfer vor ihrem Tod ein Leben hatten. Acht Tage reisten wir Richtung Winterfell. Wäre Clemens nicht gewesen wären es sehr schweigsame 8 Tage gewesen. So werden Geschichten und Legenden gemacht? Wo sind die Schilderungen von Angst und Grauen das die Helden empfinden? Die Beschreibung von Bedauern aufgebrochen zu sein und die Sehnsucht nach Hause zurück zu kehren? Am achten Tag trafen wir auf die Mauerwache des Nordreiches die vom nördlichsten Grafen aufgefordert wurde nach Winterfell zu reisen um der Königin im Kampf gegen das Südreich beizustehen. Krieg? Warum hatte ich daran gezweifelt? Avalun hatte es doch gesagt. Das Heer führte ein Pferd mit sich das sie gefunden hatten. Es war ein wildes, edles Tier. Ein solches Pferd hatten wir auch in der Heimstatt der Engel gefunden. Es hatte tot in seinem Blut gelegen. Im Zaumzeug war das Symbols Rhianons zu erkennen, das Zeichen des Botenengels, und eine tiefe Wunde klaffte an der Flanke des Pferdes. Eine, die sehr Wohl von einem V1 Mutanten stammen konnte. Obwohl mir mehr als mulmig zumute war, reisten wir die letzten zwei Tage mit dem Heer nach Winterfell. Im Hause Meister Lorenz wurden wir herzlich empfangen und ich musste mich wirklich zusammenreißen um nicht vor Heimweh zu zerfließen. Derion und Kells drängten uns andere zur Burg zu gehen wo Lorenz uns erwartete. Meine Überraschung ließ sich nicht verbergen als wir Calimar bei Lorenz trafen. Und dort viel mir auch zum ersten Mal ein Unterschied zwischen Kells und Osborn auf. Kells versank nicht in Selbstmitleid und Wut. Er wurde immer ungeduldiger und Zynischer. Ich konnte ihn gut verstehen. Es muss furchtbar sein über seine eigene Vergangenheit nichts zu wissen. Er tat mir wirklich Leid wie er versuchte die Fassung zu bewahren und endlich von Calimar zu erfahren wer er war. Tatsächlich ist er der Rechtmäßige Thronfolger des Südkönigs. Maximilian Barathion. Laut Calimar ist Kells der Erstgeborene und Calimar hatte die Mutter aus Liebe bei sich aufgenommen nachdem der König sie verstoßen hatte. Bevor wir uns dann den neuesten Ereignissen zuwandten, bat ich Avalun sich zu zeigen. Niemand sollte mir den Vorwurf machen können ich hätte ihnen einen Mithörer vorenthalten. Sein Auftritt war wirklich gelungen und die Verblüffung der Umstehenden perfekt. Gemeinsam legten wir die Puzzelteile zusammen. Avalun wurde schließlich von allen Seiten mit Fragen bombardiert und schließlich erfuhren wir, zumindest seine Version, der Geschichte. Demnach kam er, Karon wie er mit Vornamen heißt, mit seinem Bruder Ruach, aus einer anderen Welt hierher. Zusammen mit einem Trupp Leibwache kamen sie mit einem Luftschiff durch ein Portal in diese Welt, in der es weder Zivilisation noch Magie gab. Sie landeten weit im Norden. Während er zum Nordkönig wurde nahm sein Bruder das Amt des Südkönigs ein. Alles lief gut bis Lucia auftauchte, die nach ihren Angaben aus einer Feenwelt kam. Beide Brüder liebten sie doch sie hat sich mit Ruach verbündet um gegen Karon zu Kämpfen. Es kam zum Krieg. Schließlich merkten die beiden, dass sie Karon nicht besiegen konnten und beschlossen sich selbst Schlafen zu legen um ihn zur Ruhe zu zwingen. Nun waren sie alle wieder erwacht, weil die Krone entfernt wurde. Und das was Karon will ist Vergeltung. Er sammelt im Norden die Barbarenstämme um sich. Dort verehrt man ihn als Rabengott. Während Karon erzählte schien Gerald in ihm immer mehr eine mächtige Wesenheit zu sehen. Mir wurde immer deutlicher Klar, das Karon nur all zu menschlich war. Vergeltung? Eine Frau? Das ist alles was dahinter steckte? Was ist mit uns? Wir beten tausend Jahre lange etwas an das es nicht gibt? Das nur geschaffen wurde um ein Liebespaar stärker zu machen und ihm zu helfen den unliebsamen Dritten loszuwerden und zu verdammen? Was würden uns Lucia und Ruach erzählen wenn wir sie fragen könnten? Jeder wird der Geschichte sein Gesicht aufdrücken. Und was sollen wir dann Glauben? Jetzt schon spüre ich das Derion seine Meinung hat und nicht an den Worten Lucias zweifeln wird. Ebenso wie ich nicht an Karons Worten zweifele. Karon lügt nicht. Ich wünschte fast er hätte es getan. Anton gehört zu seinen Leuten. Das war für mich wie ein Schlag ins Gesicht. Er hat den Kampf nicht verhindert. Hat nicht verhindert das Derion starb. Hat nicht verhindert dass ich mich mit Vorwürfen quälte dass ich ihn nicht zurückgeholt hatte. Herrje, Karon. Sind wir dir so wenig wert? Und doch erklärte er sich bereit die Magie des Löwen zu verbergen und ihn mit der Aura des Göttlichen zu umgeben. All zu weltliche Dinge warteten auf uns. Der Südkönig wurde angeblich vom Nordkönig vergiftet und wartet im Kerker auf Burg Sonnenrad auf seine Verurteilung. Die Barone und Grafen des Nordens bedrängen ihre Königin gegen den Süden in den Krieg zu ziehen. Nach Absprache mit Königin Catelyn Stark hatte Kells heute Morgen seinen ersten Auftritt als Thronerbe des Südens. Clemens präsentierte ihn den Heerführern und konnte sie so überzeugen, dass ein Krieg unnötig ist wenn wir es schaffen den Thronfolger sicher zum Pontifex zu bringen damit er sein Erbe antreten kann. Armer Kells. Da stand er und versuchte mühsam seiner Rolle zu entsprechen. Er will kein König sein. Und ich will ihn auch nicht als König haben. Aber wer fragt uns schon. Wir sind doch nur die, die in den Geschichten auftauchen. Noch etwas macht mir Sorgen: Lorenz berichtete das Ruach ihn aufgesucht hätte. Dieser wollte, dass er die Magierfürsten zusammenruft. Wen meint er damit? Karon nannte sich selbst einen Magierfürst. Aber ich habe nie jemanden Kennen gelernt der ansatzweise so mächtig ist wie er. Lorenz hielt Ruach für einen Verrückten. Aber jetzt macht das natürlich Sinn. Tatsächlich hat Lorenz Clemens gebeten bestimmte Magier des Bundes aufzusuchen um ihnen zu berichten. Aber auf welche Seite steht er? Und auf welche Seite werden sich die anderen stellen? Calimar? Meister Krynn? Arin? Ich? Ich bete… nein, ich hoffe noch immer, dass es nicht so weit kommt das man sich für eine Seite entscheiden muss. Wunschdenken? Ja, vielleicht. Seit Karon gestern Abend den Löwen verzaubert hat, ist er fort. Ich mache mir große Sorgen um ihn. Sicher hat ihn der Zauber geschwächt. Soll ich ihn suchen? Wir werden bestimmt nicht mehr lange hier bleiben. Während Calimar nach Burg Sonnenrad reist um die Verurteilung hinauszuzögern, müssen wir nach Raverra um Kells krönen zu lassen. Ich habe Angst. Die Geschichte wird immer größer und ich fühle mich immer tiefer hineingezogen. Die Tochter des Bischofs soll mit einem Magier verheiratet sein und uns vielleicht helfen können. Verrückte Welt.

Zeittafel

Avalun aus Caergard mit Leibwache Ruach + Karon (Brüder) brachten die Gabe Lydania aus Sheranor (Feenwelt) Ursprung des alten Glaubens Ruach + Lydania gegen Karon; Alle Schlafen Großer Krieg Beledanus – Kirchengründer Tonan Black – Anton Schwarz Lichtbringerin, Verwandler, Schläfer Engel von „Ihr“ geschaffen (Lydania) Kurz nach Krieg – Wulfgard - Herz der Finsternis

mit 12 Jahren wird Helios Pontifex vor 22 Jahren – Maria Numalis findet Turmim Auftrag von L. (Lazarus)/Vernichtung Geralds Familie vor 20 Jahren - 26 Kinder in Schwarzem Turm, Beginn der Experimente V1 eingekerkert V2 Geglückt vor 3 Jahren – Grüner Turm + Tunnel entdeckt vor 1 Jahr – „es gilt den Eingang zu finden“ 06.09. – Mission Keine Spuren Pontifex Heilmittel finden/V1 ticken aus 22.09. – Krone gemopst, Mauer aus, Massaker in Heimstatt, Lazarus erhält Krone, Pontifex gesund, Nord/Süd-König-Kriese

Tagebuchauszug 19 Gerald Fletcher

Oh Mann, war das eine Nacht. Das aufwachen danach war zwar nicht das schönste, aber das war es Wert. Zum Glück hatte Derion Zeit gehabt, seinen Giftschrank aufzufüllen. Für unsere neue Weggefährtin hinterlasse ich wohl zurzeit nicht den besten Eindruck, aber das ist mir egal. Auch die flapsigen Bemerkungen und Verständnislosen Blicke der anderen interessieren mich nicht. Die Nacht war dieses allemal Wert. Endlich wieder richtig einen drauf machen, mit alten Kameraden in Erinnerungen schwelgen und sich bis zur Besinnungslosigkeit besaufen. Es war schön, alles mal hinter sich zu lassen und zu vergessen, jedenfalls für eine gewisse Zeit. Vergessen waren die letzten Wochen, die Tunnel, die Türme, die Leichen, die Strapazen, die Kämpfe und die Opfer. Vergessen die Schmerzen, Alpträume und inneren Qualen. Vergessen das Wesen, was seiner Kindheit beraubt und durch meine Hand starb. Was hätte aus diesem Kind werden können? Derions Worte spendeten mir nur geringen Trost, aber er redete wenigstens mit mir über den Schmerz und die Schuldgefühle, welche ich seit diesem Kampf empfand.

Aber auch der schönste Rausch hat mal ein Ende und die triste Wirklichkeit tritt wieder an seine Stelle.

Hatte ich schon unsere neue Weggefährtin erwähnt? Ich hoffe Semira von Silbertann verzeiht mir diesen Fehler noch mal. Wir lernten sie gestern Morgen, bei einer Audienz von Königin Stark kennen. Vorher aber musste sich Kells als zukünftiger König des Südens vorstellen und die Fürsten des Nordens beruhigen. Diese wollten allen Ernstes eine Winteroffensive gegen den Süden starten. Als Kells… Nein, falsch, Maximilian ihnen aber versicherte, das er für die schnellstmögliche Freilassung unseres Königs sorgen wolle, ließen sie von ihrem Vorhaben ab. Nicht nur die Königin wirkte darüber sehr erleichtert. Die Frage ist, ob man die Fürsten im Frühjahr immer noch zurück halten kann. Bis dahin sollten wir aber hoffentlich Maximilian auf den Thron und die ganze Geschichte zu einem glücklichen Ende gebracht haben. Nach der Audienz legte die Königin uns eine neue Weggefährtin ans Herz, welche uns in Raverra sehr hilfreich wäre und Maximilian noch einiges an Etikette beibringen könne. Da Clements nun anderweitig beschäftigt sein wird (vor Freude könnte ich mich glatt noch mal besaufen), wäre eine solche Person durchaus brauchbar (und hoffentlich ruhiger). Noralee war nicht sehr begeistert und dieses wurde noch mehr durch den Namen unsere Begleiterin verstärkt. Semira von Silbertann, Tochter des Großinquisitors Gieselher von Silbertann. Eine durchaus hübsch anzusehende Frau im besten Alter. Sie ist groß gewachsen, schlank, dunkles langes Haar, dunkle Augen und hat einen offenen Gesichtsausdruck. Ihre Bewegungen lassen höfische Erziehung erkennen. Bevor Königin Stark den Raum verließ, machte sie nochmals deutlich, welche große Freude wir ihr bereiten würde, wenn wir Semira auf unserer Reise mitnehmen würden. Da konnte selbst Noralee nichts mehr erwidern. So offen ihr Gesichtsausdruck, so offen ihre höfliche, nette und direkte Art. Das erste Mal, das Clements einen ebenbürtigen Gegner vor sich hatte und dann noch eine Frau. Semira fragte uns nach Sachen, welche wir für die Reise brauchten und wir erstellten eine grobe Liste. Clements verabschiedete sich derweil, nicht ohne Maximilian mit sich aus dem Raum zu ziehen. Armer Maximilian. Anstatt den ganzen Tag höfische Etikette zu lernen, wäre er wohl lieber draußen in den Wäldern auf der Jagd. Nach Abschluss der Liste entschuldigte sich Noralee für ihre anfängliche kühle Art. Sie ging dann mit Calimar auf den Balkon. Wollten wohl alleine sein. Warum findet sie ihn nur so toll? Ich mag ihn nicht und auch Derion machte nie einen Hehl aus seiner Abneigung ihm gegenüber. Wir verabschiedeten uns dann von Semira und ich begleitete Derion noch bis zu Meister Lorenz Krankenhaus. Ab da war ich auf mich allein gestellt.

Ich beschloss, ein bisschen durch Winterfell zu spazieren. Ich war wohl gut eine halbe Stunde unterwegs, als mir eine Taverne auffiel, die es damals noch nicht gab. Es war nicht die Taverne an sich, sondern das Abzeichen auf dem Namensschild, welches meine Aufmerksamkeit erregte. Es war das Zeichen meiner alten Einheit, der 10ten Legion. Ich beschloss, dass dieses Grund genug war, für ein Bier… Äh, eine genauere Inspektion der Örtlichkeit. Es war eine einfache, für den Norden typische Taverne. Der Wirt war weniger typisch, sondern einer der größten Haudegen meiner alten Einheit. Christian Mc Andrew! Nach dem wir uns begrüßt hatten und ein großes Bier auf dem Tisch stand, erzählte er von seinem Leben. Er hat seinen Traum wirklich wahr gemacht und sich eine Taverne gekauft. Zudem hatte er geheiratet und drei Kinder. Andere, welche die Armee verlassen hatten, waren weniger glücklich. Ich gebe zu, dass ich ihn für seinen Mut, alles hinter sich zu lassen und von vorn an zu fangen, bewundere und sogar beneide. Wäre ich damals nicht zu feige und starrsinnig gewesen, vielleicht…… Zurück zu Christian. Wir debattierten noch etwas über die jüngsten Ereignisse und er gab noch ein paar Gerüchte zum Besten. Wie nah dran an der Wahrheit er bei einigen Gerüchten war, verschwieg ich besser. Wir verabredeten uns für heute Abend zu einem unserer berühmt, berüchtigten Wetttrinken. Der Verlierer bezahlt die Zeche und Christian wollte versuchen, noch ein paar alte Freunde auf zu treiben. Das wird bestimmt lustig. Auf dem Weg zurück traf ich Noralee, welche den Vorschlag machte, dass ich mich um das „Engelspferd“ bemühen sollte. Es wäre ein unschätzbarer Vorteil im Kampf, wenn ich es führen könnte. Nach einigem hin und her beschloss ich, bei Semira für das Tier vor zu sprechen. Als ich gerade das Konferenzzimmer betrat, rannten alle anwesenden Personen zum Fenster. Semira schaute mich etwas verwirrt an und fragte, ob mein Begleiter Todessehnsucht hätte. Wenn sie nur wüsste. Aber auch mir machte die Szenerie etwas Angst. Derion alleine in dem Gehege mit einem verängstigten und aggressiven Pferd. Ich machte sofort kehrt und rannte so schnell wie möglich zum Gehege. Dort angekommen, sah ich Derion, wie er nur noch einige Schritt von dem prächtigen Tier entfernt war. Das konnte nur Derion schaffen, ein absolut aggressives und noch dazu verletztes Tier zu beruhigen. Noralee und Semira kamen auch zum Zaun. Als das Tier so viel Vertrauen zu Derion aufgebaut hatte, das es von ihm Futter entgegennahm, schnappte ich mir ein paar Möhren und ging vorsichtig ins Gehege. Das Pferd scheute, aber nach kurzer Zeit kam es wieder zu Ruhe, nahm die Möhren dankbar entgegen und ließ sich von uns so gar anfassen. Derion schaute sich die Wunden an und ging dann kurz weg. Er kam dann mit einem Eimer Wasser zurück, welches ein Betäubungsmittel enthielt. Das Pferd, Derion taufte es später auf den Namen „Silbermähne“, trank den Eimer leer. Nachdem die Wirkung einsetzte, begann Derion, Silbermähne zu verbinden. Derweil hielt ich Silbermähne fest und redete beruhigend auf ihn ein. Die Stallburschen waren zwar nicht begeistert darüber, dass wir die Seile lösten, aber für Silbermähne war es so angenehmer. Nach vollbrachter Arbeit gingen Derion und ich durch die Stadt. Noralee war schon wieder verschwunden. In der Stadt hörte ich dieselben Gerüchte, wie schon von Christian. Als Derion und ich, nach einer erneuten Stippvisite bei Silbermähne, zu Lorenz Haus zurückkehrten, war es Zeit fürs Abendessen.

Mina hatte sich mal wieder selbst übertroffen und ich griff kräftig zu. Eine gute Grundlage ist immer gut. Anwesend waren außer Lorenz, Derion, Noralee, Maximilian, Clements und mir noch Calimar und Semira. Calimar wirkte an diesem Abend etwas gebrechlich, hatte sogar einen Gehstock dabei. Auch war er ruhiger als gewohnt. Noralee wirkte auch etwas verhaltener ihm gegenüber. Ansonsten verlief der Abend recht ereignislos, bis auf die Kleinigkeit, dass ich, dank Semiras Erlaubnis, Silbermähne mitnehmen durfte. Ach ja, Clements nach einem Wortgefecht mit Semira sprachlos zu sehnen, sollte auch noch erwähnt sein. Es wurde noch beschlossen, das wir zuerst nach Silbertann und dann nach Raverra reiten und wir morgen bei Sonnenaufgang aufbrechen würden. Sonnenaufgang???? Was für eine Qual. Danach begaben sich die meisten von uns zur Bettruhe. Ich begleitete Semira noch ein Stück des Weges und machte mich dann auf zu der Taverne von Christian. Dort angekommen, wurde ich gleich von drei ehemaligen Kameraden begrüßt. Nevil de Oro, der Anführer der Mauereinheit, Connor Durben , ehemaliger Sergeant und Halve vom Berg, ehemaliger Gruppenführer. Wir hatten uns viel zu erzählen, wobei ich über meine Erfahrungen der letzten Zeit Stillschweigen behielt. Dann gesellte sich auch Christian zu uns und das Wetttrinken begann. Ich weiß wirklich nicht mehr, wie viele Krüge Bier ich getrunken hatte, wie viele Armeelieder wir gesungen haben, wann Nevil zu seiner Einheit zurück ging und seit wann Connor und Durben bereits unter dem Tisch lagen, als ich mich, gleichzeitig mit Christian, zu ihnen gesellte. Wir einigten uns auf ein Unentschieden. Moment mal, wieso habe ich dann nachher alles bezahlt? Mc Andrew, du Schlitzohr vor dem Einen! Wie ich zurück zum Haus von Meister Lorenz kam, kann ich mich nicht mehr erinnern, wohl aber an den warmen und mütterlichen Empfang von Mina. Ach ja, die kalte Dusche um 3 Uhr Morgens ist auch sehr zu empfehlen.

Da stand ich dann zu Sonnenaufgang, mehr schlecht als recht, bei meinen Weggefährten und konnte mir ihren Spott anhören. Nachdem Derion mich verarztet hatte, gingen wir zu Silbermähne, um zu schauen, ob ich ihn reiten durfte. Er war schon wieder recht munter und ich legte ihm den Sattel an. Er schien froh zu sein, wieder raus zu kommen und ich stieg auf. Ein herrliches Tier und er scheint mich als neuen Besitzer zu akzeptieren. Nachdem wir soweit nun alles hatten, machten wir uns auf den Weg zum Stadttor. Meister Lorenz, Calimar und Mina verabschiedeten uns. Noralee sah man förmlich die Frustration an, wieder in die Wildnis zu reiten, wohingegen Maximilian wohl froh war, wieder raus zu kommen. Selbst Cora beobachtete unseren Aufbruch. Ein Gedanke kam in mir auf. Hätte ich es bei Ihr versuchen sollen? Wäre sie die richtige Frau für mich gewesen, oder auch nur eine kurze Liebschaft, wie die vielen anderen? Viele andere bis auf…. Ruhig Winterfell, gleich kannst du richtig los rennen, ruhig. Auf dem Weg zum Stadttor säumten noch andere Menschen unseren Weg, wohl auch alle mit ihren eigenen Gedanken beschäftigt. Aber einen Gedanken hatten sie Wohl alle gemein: Sie wünschten sich Frieden. In diesem Moment stieg die Sonne über die Mauern und tauchte die Straßen und Gebäude in ein goldenes Licht und wir ritten hinein, einer ungewissen Zukunft entgegen.

Tagebuchauszug 21 Derion

In Raverra lehren die gelehrten Doctores, dass Visionen Sendungen des Einen sind, um uns zu erbauen, zu lenken und anzuleiten. Sie lehren weiter, dass die Bilder, Ahnungen und Warnungen meist allegorischen oder metaphorischen Inhalts sind, so dass es die wichtigste Aufgabe des Visionärs ist, die Bilder recht – also in Übereinstimmung mit den Schriften der Kirche – zu deuten. Und sie lehren in Raverra die Namen derjenigen, die bei der Deutung der Visionen fehlgeleitet waren und “zurechtgewiesen” werden mussten.

Im Geiste lasse ich die Visionen der letzten Tage vor meinem inneren Auge erscheinen. Zunächst jene undeutlichen Bilder des Landes. Dann das Gesicht, in dem die Engel das Siegel des Portals brachen und Erzbischof Lazarus jene Krone überbrachten, bis hin zu jener düsteren Warnung vor dem Überfall, der sich gerade ereignet hat und doch einen gänzlich anderen Ausgang hatte.

Und ich frage mich, was die Deutung jener Bilder sein mag und ob meine Deutungen in Raverra Bestand haben werden, vielleicht sogar Aufnahme finden in die Gewölbe des Pontificiums, in denen die Visionen derer gehortet werden, die die Billigung der Doctores fanden.

Es war noch nicht allzu viele Tage her, dass wir aus Winterfell gen Raverra aufgebrochen waren, um dort die Krönung des neuen Königs des Südens zu erreichen. Es scheint mir so, dass Kells sich selbst mit dem Gedanken noch nicht recht abgefunden hat, dass er demnächst König Maximilian sein soll, zumal wir uns alle redlich Mühe geben, ihn mit guten Ratschlägen zu überschütten. Ich fürchte, dass aus seinem Königtum nicht Gutes erwachsen wird, wenn er es nur hinnimmt anstatt es aus ganzem Herzen anzunehmen. Allerdings hört er uns - zumindest meistens - zu, was ich schamlos ausnutze, um ihm in einer kleiner Stadt die Angelegenheiten der Armen näherzubringen. Nun, immerhin läuft er nicht einfach fort oder vergräbt sich in sich selbst und allein das spricht Bände über sein Stärke.

Dann, plötzlich, sind wir auf unserem weiteren Weg am Ort meiner Vision. Bis hin zu den einzelnen Blätter der Bäume und dem vor uns quer über dem Weg liegenden Baum ist es das Bild aus jenem Gesicht und ein kalter Schauer fährt mir durchs Herz. Während ich noch schaue, stürzt auch hinter uns ein Baum um und es beginnt ein verzweifelter Kampf, stellt sich doch schnell heraus, dass wir in einen Hinterhalt geraten sind.

Schnell wird deutlich, dass Kells das Ziel des Angriffs sein muss, zumindest konzentrieren sich die Heckenschützen, die Berittenen und die Fußkämpfer auf ihn und auf Karneol, der sich schnell in den Maschen eines erstaunlich widerstandsfähigen Netzes wiederfindet.

Kaum werde ich gewahr, dass auch unsere neue Gefährtin sich wohl ihrer Haut zu wehren weis, als auch schon die meisten meiner Mitreisenden sich über die Plan verteilen und so Noralee und mich zurücklassen. Nun, sie verstehen sicherlich mehr von der Kriegskunst als ich. Schnell werde ich von zwei Pfeilen getroffen aber das ist nur der Körper, später zu beachten, wenn die Ruhe einkehrt. Schmerzhafter ist es, dass ich mit ansehen muss, wie Noralee plötzlich zu Boden sinkt, wie von einer unsichtbaren Gewalt getroffen. Inmitten des Getümmels stürze ich zu ihr, während um mich herum ein wahres Schlachten anhebt, von dem ich – dem Einen sei Dank – verschont bleibe. Als ich schlußendlich bei ihr bin, ist Noralee leblos und jenseits all dessen, was ich als Heiler vermag, so dass mir nur noch ein stummes Gebet verbleibt, die letzte Umarmung sowie die Tränen eines Gefährten.

Kaum spüre ich, dass der Kampf verebbt, als sie – dem Einen sei Dank – doch wieder einen Herzschlag tut, und dann noch einen und schließlich einen tiefen Atemzug. Ein kurzer Blick zeigt mir, dass die Gefährten soweit wohlauf scheinen, und dass die Angreifer fliehen, gefallen sind oder sich sogar selbert richten.

Später werden weitere Gedanken kommen: Wer legt uns einen solchen Hinterhalt? Wer kennt uns wohl so gut, dass er die rechten Mittel kennt, uns zu überwinden? Für wen stellt Kells eine solche Bedrohung dar? Wer kennt unser Ziel, unsere Absichten, unseren Weg, unsere Fähigkeiten?

Hier und jetzt muss es reichen, dass ich wieder einen Funken in Noralees Augen erkennen kann, auch wenn diese zunächst seltsam verschleiert scheinen. Stumm danke ich dem Einen, um mich dann langsam wieder der Welt zuzukehren.

Tagebuchauszug 23 Gerald Fletcher

Das ist also Arin. Interessant. Ich kann mich aber nicht erinnern, dass er in Noralees Erzählungen verheiratet, noch der Schwiegersohn eines Großinquisitors war. Auch hatte sie wohl vergessen zu erwähnen, dass er der Hausherr von Burg Silbertann ist, in der wir uns gerade befinden.

Wie dem auch sei, jetzt stand er im Raum, nur war sein Name bei dieser ersten Begegnung Rob Thandarin von Silbertann und wirkte etwas distanziert und frostig. Genauso war auch seine Begrüßung. Nachdem Semira ihn dann auch mehr schlecht als recht begrüßt hatte, fragte er nach unserem Aufenthaltsgrund und stellte sich zu seiner Frau Eireen. Noralee hatte vor einigen Minuten den Raum verlassen. Derion und Kells gaben ihm Auskunft darüber, dass wir auf dem Weg nach Raverra wären, um Kells zum König des Südens ernennen zu lassen. Arin wirkte überrascht und warf einen eher abschätzenden Blick in Richtung Kells. Das darauf startende Gespräch wurde von Rob kurzerhand unterbrochen, mit der Bitte, die ernsten Themen auf heute Abend zu verlegen. Es müsste noch einiges für die Geburtstagsfeier seiner Frau, am morgigen Tag, erledigt werden. Semira verließ daraufhin den Raum. Ein dringendes Bedürfnis brauchte wohl ihre volle Aufmerksamkeit. Rob erkundigte sich nach unserer Unterbringung und veranlasste alles Nötige. Danach verließ er den Raum, so wie er gekommen war. Unsympathisch. Derion, Kells und ich wurden zu unseren Zimmern geleitet. Es gab nur noch ein Einzel und ein Doppelzimmer. Derion und ich nahmen sofort das Doppelzimmer, damit der zukünftige Südkönig alleine schlafen konnte. Natürlich nicht ganz alleine, da Carneol sein ständiger Schatten blieb. Schnarchen magische Wesen eigentlich? Nach einer knappen halben Stunde wurden wir von Robert, dem Cousine von Semira, aufgefordert, uns wieder in dem anfänglichen Raum zu begeben. Anscheinend war Noralee wieder aufgetaucht und bestand auf eine dringende Zusammenkunft. Robert machte sich auf die suche nach Eireen. Derion holte Kells, welcher sich widerwillig dazu bereit erklärte mit zu kommen. Wieder im Raum angekommen, erwarteten uns bereits Noralee, Rob und Semira. Noralee hatte eine Wunde am Kopf, wollte aber nicht sagen, woher. Auf meine Frage, warum wir zurückkommen sollten, gab sie nur zickig zurück, dass wir doch hier seien, um Informationen aus Raverra zu bekommen und Eireen und Rob in das Erlebte einzuweihen. Meinen Einwand, dass wir vom Hausherrn gebeten wurden, dieses auf heute Abend zu verlegen, fegte sie hinweg. Was war nur los mit Ihr? Erst als Rob da zwischen ging, wurde sie ruhiger. Gerade zur rechten Zeit, da Eireen und Robert den Raum betraten. Sollten wir Robert auch einweihen, waren die nächsten Gedanken. Besser, wenn es erst weniger Leute erfuhren. So wurde Robert gebeten, den Raum zu verlassen. Tja, und dann wurde es mal wieder etwas peinlich. Kells wurde aufgefordert, unsere Geschichte zu erzählen. Dieser, in seiner ganz persönlichen Art, fing an, zu erzählen. Leider verwirrte sein Gestammel eher die Hausherren, als das es für sie oder irgendjemanden einen Sinn ergab. In diesem Punkt hatte Clements Unterricht wohl nicht gefruchtet. Dann übernahm Noralee. Ein Eisblock hätte mehr Wärme ausgestrahlt als sie und die Wirkung ihrer Erzählung kam einem Erdbeben gleich. Sie war einfach nur kalt. Als sie die Geschichte mit den Worten beendete „den Einen gibt es nicht“, bekam sogar ich eine Gänsehaut. Sie machte weiter, holte ihre Aufzeichnungen und die gefundenen Beweise hervor, legte alles auf den Tisch und erzählte weiter. Man hatte das Gefühl, ihr Herz sei zu Eis erstarrt, so nüchtern und Emotionslos war ihre Erzählung. Eireen hielt es nicht mehr aus und drehte durch. Sie konnte und wollte es nicht weiter mit anhören, noch konnte sie es glauben. Sie rannte verstört aus dem Zimmer, Semira sofort hinterher. Der Rest schaute sich an, unschlüssig. Rob bat darum fort zu fahren. Er wollte alles erfahren. Noralee fuhr fort in ihrem Bericht. Moment mal, haben die beiden sich gerade geduzt? Habe ich mir wohl nur eingebildet. Nein, da war es schon wieder. Kennen sich die beiden etwa? Wenn ja, woher? Dann wurde es richtig interessant. Noralee erzählte von ihrer Begegnung mit Caron und den Nachrichten für Derion und Kells. Derion sollte ihm nicht noch einmal respektlos gegenübertreten. Sein Herz schlage nur noch weil er, Caron, es so wolle. Kells möge Caron darum bitten, das Carneol weiter als göttliches und nicht als magisches Wesen erkannt wird. An uns alle: Jeder Gefallen hat seinen Preis und man sollte sich vorher darüber klar werden, ob man bereit sei, diesen zu bezahlen. Noralee erinnert uns noch mal an den geschlossenen Waffenstillstand in Winterfell. Rob stellte gerade die Frage, was Derions Herz mit Caron zu tun hätte, als Semira wieder den Raum betrat, ohne Eireen. Derion berichtet Rob von seinem Pakt mit dem Teufel, worauf Rob irgendwie erleichtert wirkte? Als nächstes begann von neuem die Diskussion zwischen Noralee und Derion über Caron. Ist er böse oder nur ein Opfer; was will er wirklich; wie sieht seine Rache aus; wie weit würde er dafür gehen; etc. Eine Sache stimmte mich aber nachdenklich. Noralee sagte, das Caron uns bis jetzt nie hintergangen hatte. Da musste ich ihr zustimmen, so schwer mir das auch viel. Rob unterbrach mit der erneuten Frage nach unserem Grund für den Aufenthalt auf Silbertann die Diskussion. Noralee antwortete ihm und da passierte es. Sie nannte ihn Arin! Rob, einen kurzen Moment am stutzen und wir anderen wohl auch, bat darum, weiter Rob genannt zu werden. Noralee gab an, das wir Informationen aus Raverra benötigten. Werden wir offiziell gesucht oder war das geschehene eine geheime Intrige; war der Pontifex vielleicht unschuldig und Lazarus der Drahtzieher? Fragen über Fragen, aber keine Antworten. Rob hatte schon seit längerem keine Informationen aus Raverra erhalten. Plötzlich fragte Noralee Rob nach Ruach. Dieser wäre auf dem Weg nach Raverra, laut Carons Aussage. Das wäre wirklich fatal. Ruach fragt in Raverra nach den Magierfürsten. Entweder hängen sie ihn gleich oder stecken ihn in das dunkelste und tiefste Verließ, welches sie finden können. Wir kamen nicht weiter und das einzige, was sinnvoll schien, war Leute aus Raverra auszufragen, welche sich morgen auf dem Fest befinden würden. Semira ergriff das Wort und fragte nach Robs Unterstützung. Er gab sie ihr, nicht ohne darauf aufmerksam zu machen, welchen Schaden die ganze Geschichte für Silbertann und ihrer Familie verursachen könnte. Rob gewährte uns weiterhin Aufenthalt und versucht morgen Informationen zu erhalten, bittet uns aber, dem Fest und den Gästen fern zu bleiben. Ich weiß nicht mehr warum oder weshalb, aber Derion fing wieder davon an, dass wir die Menschen in Raverra über die „Wahrheit“ aufklären sollten, wenn wir dort ankämen. Da wir uns aber schon vorher über das Vorgehen in Raverra einig waren, wurde dieses Thema ganz schnell wieder eingepackt, verschnürt und in einen tiefen Brunnen geworfen. Kurz danach zogen sich Noralee und Semira zurück, wohl, um weitere Diskussionen zu vermeiden. Als Noralee draußen war, gab Derion ihr über das Vorgehen in Raverra Recht. Auch Kells und Rob waren der Meinung, dass die „Wahrheit“ viele Menschen in den Abgrund stürzen könnte und dieses das letzte wäre, was dieses Land jetzt gebrauchen könnte. Rob versuchte Derion davon zu überzeugen, sich Prioritäten zu setzen. Zuerst muss Kells Südkönig werden, der Nordkönig wieder auf dem Thron kommen und die Gefahr aus dem Norden, mit vereinten Kräften, besiegt werden. Danach kann man immer noch über die Veröffentlichung der „Wahrheit“ nachdenken. Derion fragte daraufhin Rob nach seinen Interessen in dieser Geschichte. Er wollte Frieden und ein Ende der Verfolgung von Magiern, nur weil sie anders waren. Fast hätte ich geglaubt, Noralee würde antworten. Zum Schluss bat er uns noch, dass wir den Namen Arin vergessen sollten. Es war sein Name als Magier und könnte ihn in große Schwierigkeiten bringen. Kurz darauf verließ auch er den Raum

Ein leichter Nachgeschmack nach dieser Zusammenkunft bleibt und ich greife zum Branntwein. Warum findet Noralee diesen Typen nur so toll?

Tagebuchauszug 24 Derion

Von Nevarius dem Seher stammt angeblich die Sentenz, dass es ist leichter sei, an einen Gott zu glauben, der nicht antwortet. Nun, ich habe in den letzten Wochen viel gesehen und würde mir sehnlichst wünschen, dass der Eine sprechen oder zumindest ein Zeichen geben würde. So aber nagen Carons Worte, dass es den Einen nicht gäbe, unablässig an meinem Glauben und meinem Leben, zumal er auch noch derjenige ist, der auf meine stummen Rufe antwortete, der mich wieder zurück ins Leben brachte und der hierfür unmissverständlich Gehorsam fordert. Doch wenn ich dies tue, verstoße ich gegen alles, was mir richtig und wichtig erscheint.

Es ist der Abend des 10. Dezember. Im Kaminzimmer bedrängen wir Kells oder besser Maximilian, dass er Caron darum bitten soll, Karneols Aura zu erhalten, da der Löwe – neben dem Geburtsmal – das Einzige ist, das Kells Anspruch auf den Königsthron legitimiert: Zwar will Kells Caron nicht bitten, stellt aber in Aussicht, dass er es trotzdem tun wird. Vielleicht.

Alsdann werden wir durch einige Unruhe im Hof gewahr, dass ein weiterer Gast ankommt. Später soll sich herausstellen, dass es die Bardin Reliana von Mispera ist, die auf der Burg bestens bekannt ist und ominös ankündigt, dass sie wichtige Nachrichten bringt, die sie aber erst morgen auf der Feier verkünden wird.

Bevor wir zum Empfang eilen, warnt mich Noralee noch einmal eindringlich, mich Caron nicht in den Weg zu stellen, immerhin habe ich ihm mein Leben zu vedanken und er halte es in seiner Hand. Ich sage, was ich fühle. Ich habe nicht vor, ihm in die Quere zu kommen, aber es gibt Dinge, die sind wichtiger als mein Leben.

Nach dem Empfang, der alsbald endet, können Gerald und ich nicht umhin, einen lautstarken Disput zwischen Semira und Maximilian in seinem Zimmer zu bermerken, der damit endet, dass Semira das Zimmer verlässt. Etwas später erweist es sich, dass Wunder doch auf dieser Welt passieren: Kells erklärt sich bereit, Caron zu bitten, ich habe den Eindruck, dass er beginnt, das Unvermeidbare zu akzeptieren. Die Einzelheiten des Gesprächs mit Noralees Meister bleiben mir verborgen, da ich – anscheinend ebenso wie die anderen bis auf die Magierin – vorziehe, ihm nicht zu begegnen und mich wieder in mein benachbartes Zimmer begebe.

Allerdings werde ich ich jäh aus meinen Gedanken gerissen, als es Getümmel gibt und der Hausherr wütend hereinstürzt. Aus seinem Worten entnehme ich, dass Carons Anwesenheit so etwas wie einen Magiekanal geöffnet hat. Was immer dies auch ist, anscheinend konnte Rob Thandarin dies wohl deutlich spüren. Dies ist der Moment, in dem Noralees Wut ebenfalls aufflammt und sie ihm einen Fluch entgegenschleudert, mit dem sie ihn dazu verdammt, in kürzester Zeit all das zu sehen und zu fühlen, was sie in den letzten Monaten erlebt hat. Dem hat der Magier anscheinend nichts entgegenzusetzen. Sein Blick wird starr, dann verkrampft sich sein gesamter Körper in so etwas wie einem epileptischen Anfall größter Stärke. Ich muss gestehen, dass ich fast dankbar bin, etwas zu tun bekommen zu haben. Ansonsten hätte mich das Grauen über das gerade Gesehene wohl übermannt. Ich bekomme kaum mit, dass die Bardin und Semira ebenfalls in den Raum kommen, bin ich doch mit all meinem heilerischen Geschick beschäftigt, den Anfall zu besänftigen, auch wenn die Gefühle – Arins? Noralees? – dabei auf mich einstürmen. Schließlich können wir Arin auf Maximilians Bett legen, auch wenn mir seine blutunterlaufenen Augen einige Sorge bereiten. Es mag sein, dass sie nicht mehr gesunden. Wahrlich, ich kann verstehen, dass viele die Magie fürchten, denn was hätte ein einfacher Mann dem entgegenzusetzen?

Als ich endlich aufblicken kann, sehe ich als erstes Noralee, die mit Tränen in den Augen auf Arin blickt und immer wieder murmelt, dass es ihr leid tut. Trotz allem, was gerade an Magie gewirkt wurde: Ich habe den Eindruk, dass Noralee sich ähnlich verloren fühlen könnte wie ich. Maximilian stürmt hierauf aus dem Zimmer. Gerald, die gute Seele, bringt uns etwas Wein und folgt dann dem zukünftigen König. Semira erklärt sich bereit, mit ihrer Schwester zu reden und verlässt mit Reliana ebenfalls den Raum. Und dann bittet mich Noralee, sie mit dem Herrn von Silbertann alleinzulassen. Ich muss gestehen, dass ich angesichts der Ereignisse zögere, dann aber ihrem Wunsch folge. Es ist wohl an der Zeit, wieder zu lernen, den anderen und insbesondere Noralee zu vertrauen. Müde und zerschlagen schlurf ich wieder in mein Schlafgemach, wasche mich und versenke mich in meditatives Gebet. Doch so sehr ich auch rufe und bitte, dort ist nichts. Gar nichts. Stille.

Als ich mit brennenden Augen wieder in die Welt finde, kann ich nicht umhin, ein wenig des Wortwechsels zwischen Noralee und Arin mit anzuhören. Noralee wirft ihm vor, dass es niemanden gäbe, dem sie vertrauen kann, sowohl er als auch ein Meister Krigen (oder so ähnlich) und auch Kalimar hätten sie nur belogen und benutzt. Nur Charon lüge nicht. Unwillkürlich erinnere ich mich an die endosen Diskussionen im Seminar in Raverra über Lügen, Wahrheit und dem Verschweigen von Teilen der Wahrheit und frage mich, welchen Inhalt die Gespräche zwischen Charon und seiner Schülerin – so dies denn die richtige Bezeichnung für ihr Verhältnis ist – wohl haben mögen.

Arins „Ich kann sehen, was er aus dir gemacht hat“ ist das nächste, was ich mithöre und seine Missbilligung ist deutlich zu vernehmen. Dann äußert Noralee etwas, was tief in meine Seele schneidet, nämlich, dass es den Einen nicht gebe und auch seine Regeln nicht. Hart, kalt und verletzt klingt dies. Arins Antwort passt – wie ich finde -zu einem Magier. Es interessiere keinen, ob es den Einen gäbe, doch es gäbe Leute, die an den Einen glauben und das würde reichen.

Dies ist der Moment, in dem mir bewusst wird, dass ich die beiden tatsächlich belausche. Voller Scham klopfe ich an die Tür, teile mit, dass ich in einigen Minuten wieder kehren würde und verlasse dann mein Zimmer, ohne wirklich zu wissen, wohin mich meine Füße tragen.

Als ich schließlich zurückkehre, scheint sich der Sturm gelegt zu haben, zumindest kniet Noralee seltsam vertraut an dem Bett des Hausherren. Immerhin können die beiden noch rechtzeitig auseinanderweichen, als Eireen von Silbertann voller Sorge in das Gemach eilt. Er stammelt eine vage Ausrede und wird dann in seine Gemächer gebracht. Alsdann stellt Semira uns – nicht ganz zu Unrecht – zur Rede und verlangt zu wissen, was geschehen ist, dies sei ihre Familie. Wahrscheinlich ist sie ähnlich überrascht wie ich von Noralees Antwort, dass Arin ihre Familie gewesen sei. Nur gut, dass die dann einsetzenden Tränenfluten Noralees alle Nachfragen verstummen lassen, ich kann nur beten, dass sie Anzeichen eines ersten Lösens sind. Wir alle mussten in letzter Zeit allzu viel hinnehmen.

Am nächsten Morgen sind die Augen des Hausherrn nach wie vor blutunterlaufen und ich unterbreite ihm, dass es sein mag, dass auch meine – in aller Bescheidenheit nicht ganz unbeträchtliche Heilkunst – vielleicht keine Heilung zu schaffen vermag, zumal er auch allgemein noch tief erschöpft ist. Etwas zögerlich bemerke ich, dass er vielleicht noch mittels seiner Magie heilen könne, was unheilbar sei. Allerdings weist er diese Idee weit von sich und besteht energisch darauf, an dem Fest zu Ehren des Geburtstags seiner Ehefrau teilzunehmen.

Tatsächlich herrscht auf Silbertann ansonsten eine ausgelassene Jahrmarktsstimmung, deren strahlender Mittelpunkt Eireen von Silbertann ist. Wir alle sind wohl froh um einige fröhlichere Stunden, nur Semira lässt den sichtlich vergnügten Maximilian kaum aus den Augen. Gerald feiert – ebenso wie die kleinen Kinder – ausgelassen und auch ich lasse mich gerne von dem Trubel mitreißen.

Das Fest endet mit einem festlichen Bankett und hier ist es auch, dass die Bardin Reliana ihre Geschichte zum besten gibt. Zu meinem großen Erstaunen sind es die Worte Clemens, die von unseren Erlebnissen künden. Gut, ich würde die Geschichte anders erzählen. Aber die Kunst des Barden bewegt die Herzen der Zuhörer besser, als ich dies jemals könnte und wahr… doch, wahr ist die Geschichte doch. Trotzdem ist es irgendwie seltsam und bewegend, als nach der Geschichte Jubel erschallt und ich bin froh, dass alsbald Eireen mit Maximilian den Tanz eröffnet, so dass die Leute auf andere Gedanken kommen.

Später am Abend sitzt noch unsere kleine Reisegesellschaft mit Arin/Rob und Reliana von Mispera zusammen und überlegt, wie wir es nur anstellen sollen, in Raverra bis zum Pontifex vorzudringen. Fast sind wir entschlossen, Eireens Cousin Robert von Silbertann als Boten zum Pontifex zu schicken, der diesem einen Brief Maximilians überbringt. Wir selbst wollen uns mit dem Geleit nach Raverra begeben und hoffen, rechtzeitig zum Lichterfest dort einzutreffen. Aber die endgültige Entscheidung wird wohl morgen getroffen werden, nachdem wir alle noch einmal über die Sache geschlafen haben.

Still gelobe ich mir, mich schnellstmöglich auf die Suche nach dem Einen zu machen. Oder um zumindest etwas anderes zu finden, das Hoffnung bieten mag. Sowohl für mein eigenes Seelenheil, aber auch, um den Menschen einen Halt bieten zu können, wenn der Sturm über das Land hinwegfegt. Um ihnen nicht nur die Hoffnung zu nehmen, sondern ihnen auch etwas zu geben. Wer weiß, vielleicht finde ich es ja am Grunde jenes Schweigens…

Tagebuchauszug 26 Noralee

Nacht zum 22.12.83 Wie beruhigend doch Altgewohnte Handgriffe sein können. Viel zu lange schon habe ich mein Tagebuch vernachlässigt. Etwas hat mich geweckt. Aber was? Ich lausche in die Dunkelheit, doch außer den üblichen Geräuschen der Zeltstatt fällt mir nichts Besonderes auf. Seit 10 Tagen sind wir nun unterwegs Richtung Raverra. In unserer Begleitung ein Tross von ca 100 Männern und Frauen. Adelige, angesehene Händler, Schreiber, Kämpfer, Bedienstete und die Bardin Riella von Mispera. Mit etwas Glück erreichen wir die Kirchenstadt genau zum Lichterfest in zwei Tagen. Mein erstes Lichterfest ohne meine Eltern. Nun ja, nicht die erste und sicherlich auch nicht die letzte Veränderung seit ich unterwegs bin. War ich bisher diejenige die Semiras Mitleid genießen durfte, ist es seit dem Aufbruch von Silbertann anders herum. Semira leidet, ist traurig und ständig in Gedanken versunken. Ihr Vater, der Inquisitor Giselher hatte ihr befohlen nicht weiter mit uns zu reisen. Ob deshalb weil er nicht will, dass seine Familie sich zu sehr in politische Belange mischt und nichts mit der Krönung des Südkönigs zu tun haben will? Oder weil Giselher geradewegs von Burg Sonnenrad kommt wo zurzeit auch der Erzbischof weilt von dem er Informationen über uns bekommen haben könnte? Wir wissen es nicht. Tatsache ist jedoch, dass der Nordkönig den Giftmord gestanden hat. Das hatte Semira vom Offizier des Inquisitors erfahren, der ein Freund aus früheren Tagen von ihr ist. Letztendlich musste Semira die Burg heimlich verlassen um den Wachen zu entgehen die ihr der Inquisitor an die Seite gestellt hatte. Der Offizier Damion Datore hat seinen Urlaub eingereicht und will, sobald er die Möglichkeit hat, nachkommen, um unseren Tross zu begleiten. Bisher ist er jedoch nicht eingetroffen. Ich glaube das macht es für Semira noch schwerer. Nicht nur die Trauer um den Bruch mit ihrem Vater sondern auch die Sorge um ihren Freund lassen sie nicht wirklich zur Ruhe kommen. Ich tröste sie so gut ich kann und merke dass es ein schönes Gefühl ist, gebraucht zu werden. Ich hätte nicht gedacht, dass ich, nachdem ich Arin begegnete und von seinem Doppelleben erfuhr, wieder so positiv in die Zukunft blicken kann. Denn das tue ich. Es gibt zwar nach wie vor Streitereien in unserer Runde, doch ich habe den Eindruck, dass wir uns trotzdem besser verstehen. Obwohl Derion nach wie vor am „Einen“ festhält, schaut er mich bei den Diskussionen nicht mehr so böse an, als hätte ich persönlich sein Weltbild verrückt. Kelts ist sehr bemüht sich in seine Rolle als König einzufinden. So dass er seine Bissigkeiten fast vergessen hat. Gerald habe ich aus meinen Dienst entlassen. Wenn er zukünftig tötet tut er es nicht mehr gegen seinen eigentlichen Willen, sondern aus freien Stücken. Und Semira? Sie erfährt erst jetzt welch krasser Wandel mit unserer Queste zusammenhängt. Und das es bedeutet Opfer zu bringen. Dabei haben wir nicht einmal wirklich angefangen unser Wissen zu verbreiten. Ich bin so froh, dass sie mit uns reist. Manchmal braucht man eben das Gefühl verstanden zu werden. Und manchmal braucht man das Gefühl gebraucht zu werden. Beides gibt sie mir. Ich weiß jetzt, das ich zu unvorstellbarem in der Lage bin, wenn ich es nur will. Und ich kenne den Preis den ich dafür zahlen muss. Mein Leben bekommt wieder Struktur. Und zu guter letzt, habe ich meine Gedanken wieder für mich. Mein Kopf ist frei. Und dennoch fühle ich mich nicht allein. Ich habe meine Gefährten und die Raben die ich immer wieder mal erblicke, verdeutlichen mir, dass auch Avalun bei mir ist. Avalun. Unser letztes Gespräch hat mir gezeigt, dass es Hoffnung gibt. Er will das nicht hören. Aber ich weiß dass er irgendwo tief in seinem Inneren darauf hofft, dass ich Recht habe. Auch wenn er das nie zugeben würde. Ist nicht nur er damals getäuscht worden? Ich bin gespannt darauf seinen Bruder zu treffen, der ebenfalls nach Raverra unterwegs ist. Als wir heute Mittag rast machten, entdeckten wir eine alte Gedenkstätte. Auf einer kleinen Lichtung im Wald stand die Statur des Engels Sanguinel, umgeben von seinen 11 Geschwistern die einen Kreis um ihn bildeten. Die Stimmung die auf dieser Lichtung herrschte, war ähnlich wie die auf der Lichtung mit dem alten Baum. Erhaben, still und ehrfurchtsvoll. Zwischen den Statuen entdeckte ich Schriftzeichen. Zum einen las man: In ewigem Angedenken an unseren Freund und Streiter Sanguinel. Gezeichnet mit R.v.A. Ruach? Die andere Inschrift kam von L. Lydanja? Erst wenn der letzte Engel seine Flügel verloren hat, wird der Wind aufhören zu wehen. Das war es. Das hat mich geweckt. Der Wind der die ganze Zeit stetig aus Nordost wehte ist verebbt. Es ist Windstill.

Tagebuchauszug 27 Gerald Fletcher

Raverra! Was für ein Anblick. Wenn ich nicht das wüsste, was ich weiß, würde ich bei dem Anblick auf die Knie gehen und dem Einen dafür danken. Welche Ausstrahlung von Macht und Erhabenheit. Was für eine Pracht! Dieser Ort ist wirklich der religiöse Mittelpunkt des Kontinents. Leider aber auch von Verrat, Hinterhältigkeit und tödlicher Intrigen. Dieses bekamen wir kurz nach unserer Ankunft zu spüren. Aber ich greife vor.

Es war die Nacht zum 22.12, als Derion mich weckte und mich vor das Zelt befahl. Ich war sofort hellwach, dankbar für die Unterbrechung der Alpträume, welche nach dem Besuch der Gedenkstätte wieder angefangen hatten. Auch Noralee und Semira schienen etwas gespürt zu haben. Beide kamen auf uns zu. Carneol stand vor Maximilians Zelt und wirkte sichtlich angespannt. Keiner konnte wirklich sagen, was ihn beunruhigte. Irgendetwas fehlte, war ungewöhnlich. Der Wind. Der Wind fehlte. Kein Luftzug, nicht mal der kleinste Hauch. Was hatte das zu bedeuten? Hatten die Engel alle ihre Flügel verloren, so wie es die Gedenktafel gewarnt hatte? Waren sie Tod? Keiner wusste die Antwort. Derion schaute nach Maximilian, welcher friedlich schlief. Semira und ich zogen kurz durchs Lager, aber wir entdeckten nichts Außergewöhnliches. Dafür trafen wir Reliana, welche sich uns anschloss. Was es auch war, nur einige spürten es und es war vorbei, noch bevor wir uns darüber klar werden konnten. Carneol entspannte sich wieder und rollte sich zusammen. Wir anderen diskutierten noch etwas, gingen dann aber wieder schlafen. Der Alptraum begann von vorn, stoppte aber, als mir jemand auf die Schulter fasste und verwandelte sich in wohltuende Schwärze. Am morgen ging es dann weiter Richtung Raverra. Der Tag verlief weites gehend ruhig. Nur eine kurze Unterhaltung über Raverra und die Sage um Sanguinel sorgten für zeitweise Abwechslung. Von größtem Interesse waren die Geschichten über die geheimen Katakomben unter Raverra und den angeblich dort gelagerten Aufzeichnungen. Wie es aber so ist, mit angeblichen Geheimarchiven, es gibt niemanden, der sie schon mal gesehen haben will, aber alle glauben daran. Diese Geschichte hatte auf jeden fall einen positiven Effekt auf Noralee. Sie konnte wieder lachen. Ansonsten hing jeder seinen Gedanken nach, wobei Derion und Noralee sichtlich nervöser wirkten, je näher wir unserem Ziel kamen. Sie dachten beide sogar schon über Rückzugsgebiete nach. Sie waren aber anscheinend nicht die einzigsten, welche sich Sorgen machten. Auch Reliana wirkte teilweise abwesend. Ungewöhnlich für ein Ziehkind Clements von Bertano. Am Abend gab es dann wieder den neuerdings üblichen Gluckentratsch. In der Nacht schreckte ich hoch, gerade als Ignatio zum Hieb auf meine Schulter ansetzte. Aber ich fühlte keinen Schmerz, sondern nur einen leichten Druck. Es war die Hand Derions, welche mich aus dem Schlaf gerissen und vor den Erinnerungen an die Schmerzen bewahrt hatte. Auf sein Fragen hin, erzählte ich ihm von der Rückkehr der Alpträume, seit wir die Gedenkstätte besucht hatten und meine Angst, vor einer erneuten Begegnung mit Ignatio bzw. David. Derion, ganz der Mönch, hörte sich alles in Ruhe an. Danach unterhielt er sich mit mir darüber, wobei er auch versuchte, mir mögliche Strategien auf zu zeigen, meine Ängste in den Griff zu bekommen. Ich gebe zu meiner Schande zu, das ich nicht alles verstanden habe und wohl auch ein Gesicht gemacht haben muss, wie Carneol, wenn diese komischen Menschen wieder etwas von ihm wollten, was er nicht einordnen konnte. Aber irgendwie halfen mir seine Worte und ich konnte mir so gar ein Lächeln abringen. Ich schlief wieder ein und der Alptraum war verschwunden. Der Morgen des 23.12. war mit allerlei Hektik im Lager verbunden. Ein jeder brachte seine Sachen auf Vordermann. Rüstungen, Waffen und Schilde wurden auf Hochglanz geputzt, Fahnen und Standarten hervorgeholt, die Pferde gestriegelt und die beste Kleidung angelegt. Selbst Maximilian legte sich richtig ins Zeug. Kein Wunder, denn in wenigen Stunden würden wir in Raverra sein. In der Tat. Nach knapp einer Stunde Ritt standen wir an der Grenze zum Tal, in welches Raverra liegt. Es war einfach umwerfend. Die gerade über der Stadt aufgehende Sonne verstärkte noch den Eindruck des gewaltigen und erhabenen und tauchte Raverra in pures Gold. Ich war sprachlos und wohl nicht der einzigste. Ich weiß nicht, wie ich bis zum Stadttor gekommen bin, aber irgendwie setzten da erst meine Gedanken wieder ein. Semira hatte gerade Maximilian bei der Torwache angekündigt, welche uns das Gasthaus „Zur Krone“ im dritten Ring der Stadt zuteilte. Im inneren der Stadt war es noch beeindruckender und auch voller. Wir kamen nur im Schritttempo voran. Verzeiht, wenn ich nichts über die Architektur der Häuser und anderen Bauten schreibe, aber dafür fehlt mir leider das Verständnis, um mit meiner Beschreibung ihrem wirklichen Aussehen gerecht zu werden. Imposant waren aber auch die Kanäle, welche sich wie Adern durch die Stadt zogen und auf denen eifrig Personen und Waren hin und her transportiert wurden. Nach einiger Zeit erreichten wir das Gasthaus „Zur Krone“, wo uns Robert bereits erwartete. Er übergab Semira einen Brief, der vor einigen Tagen für sie abgegeben wurde. Damian konnte nicht kommen, war wohl die Kurzfassung von dem Brief. Aber ihre Reaktion und Körpersprache, nach lesen des Briefes, deuteten auf mehr hin. Nachdem wir uns dann im Hotel eingerichtet hatten, wobei uns eine komplette Etage zur Verfügung stand, wollte Derion zu den Aronianer. Er wollte mit dem Großabt einige Sache klären, aber auch versuchen, Informationen über die Genesung des Ponitfex und über Imoel zu erhalten. Da wir alle nicht so viel zu tun hatten, begleiteten wir ihn. Vorher sendeten wir noch einen Boten zum Sekretariat des Pontifexes, um für Maximilian eine Audienz zu erbitten. Großabt Thalion begrüßte uns alle recht freundlich. Leider war die Informationsausbeute nicht wirklich ergiebig. Niemand konnte sich die wundersame Genesung des Pontifex erklären, noch wusste er etwas Genaues über Imoel. Dieser schien wohl noch im Norden zu sein. Die einzige neue Information die er hatte war, dass die Truppen an der Mauer vor einiger Zeit auf die andere Seite marschiert sind. Großabt Thalion bat Derion, ihn etwas zur Hand zu gehen und sich ein paar ernste Fälle im Krankenhaus an zu schauen. Wir anderen verließen das Haus der Aronianer und machten uns auf dem Weg zurück zum Hotel. Dort angekommen, nahm ich gleich mal den Schankraum unter die Lupe. Die Leute hatten keine anderen Themen außer Lichterfest und der neue Südkönig. Ich ließ es mir gut gehen und trank ein, zwei, zehn Bier. Kurz vorm Zapfenstreich machte ich mich auf den Weg ins Bett. Auf der Treppe traf ich noch Derion und wir machten uns auf zum Zimmer der Mädels. Dort verkündete Derion, das die Aronianer Maximilian unterstützen würden. Ich wäre gerne noch länger dort verweilt, aber leider bestand Derion darauf, mich kurzerhand ins Bett zu bringen. Der 24.12.. Das Lichterfest. Ganz Raverra war auf den Beinen. Man kam, mal wieder, nur noch im Schritttempo vorwärts. Wir bahnten uns unseren Weg zum großen Platz, wo der Pontifex seine Rede halten würde. Da stand er dann. Er wirkte alt, aber keines falls krank. Recht rüstig für sein Alter und nach der langen Krankheit. Als er seine Rede beendet hatte und seinen Segen sprach, begann ein jeder auf dem Platz, eine Kerze an zu zünden. Nun starteten die Prozessionen durch die Stadt. Der Pontifex zog sich zurück und wir wurden von Derion zu der Basilika geleitet. Ein wirklich eindrucksvolles Gebäude, von außen, wie von innen. Derion ging beten, Semira und Maximilian schlenderte ein bisschen rum, Noralee und ich blieben am Eingang zurück. Nachdem Derion seine Gebete beendet hatte, gingen wir zurück zum Hotel. Alle Menschen auf der Strasse machten einen friedlichen und sanftmütigen Eindruck. Es schien, als wäre heute der friedlichste Tag des Jahres. Da passierte es. Maximilian wurde von einem Geschoss getroffen. Sofort versuchten wir von der Strasse zu kommen. Derion begann erste Hilfe zu leisten, wurde aber auch getroffen. Noralee machte als erste den Schützen aus und zeigte mir die dunkel gekleidete Gestalt. Sofort machte ich mich auf den Weg hinter ihr her, dicht gefolgt von Semira. Das erste mal in der heiligen Stadt und schon machte ich mich bei einigen Leuten unbeliebt. Ich bahnte mir den Weg durch die Menschenmenge, ohne Rücksicht auf Füße oder geprellte Rippen. Die Gestalt war schnell, aber auch sie wurde von den Menschenmassen aufgehalten. Sie wechselte geschickt die Häuserebenen, nutzte die Strassen und verwinkelten Gassen. Trotzdem blieben Semira und ich an ihr dran. Dann sah Semira eine Chance vor ihr zu kommen und wechselte ebenfalls blitzschnell auf die nächst höhere Häuserebene. Überrascht, aber nicht in Panik, über diese Zangenbewegung sprang die Gestalt, es schien eine Frau zu sein, in den unter uns fließenden Kanal. Sofort sprang ich auf die andere Seite, nur um festzustellen, das ich mich dadurch selbst ausmanövriert hatte. Egal, ich folgte weiter der Gestalt im Wasser. Etwas schlug knapp neben ihr ins Wasser und sie tauchte unter. Jetzt hatte sie einen Fehler gemacht. Sie wollte anscheinend in einen der unterirdischen Kellerabflüsse fliehen. Pech für sie, das Zugangsgitter war verschlossen. Da sah ich meine Chance. Ich schnappte mir eine Stakstange, dem wütenden Besitzer zum trotz und stieß auf die Gestalt im Wasser. Wohl etwas zu heftig, da kurze Zeit später Luftblasen und eine dunkle Flüssigkeit an die Oberfläche traten. Semira sprang nun auch in den Kanal und ich, mit Hilfe der Stakstange, wieder auf die andere Seite. Dort angekommen, griff ich mit beiden Händen in das kalte Wasser, packte die leblose Frau und zog sie ans Ufer. Semira kam auch aus dem Wasser. Hmmm, mit nassen Haaren sieht sie richtig….. Zurück zu der bewusstlosen Frau. An ihrer Seite klaffte eine schwere Wunde und ein, zwei Rippen schienen auch gebrochen. Ich spürte einen schwachen Puls. Sofort riss ich mir einen Ärmel ab und versuchte damit die Wunde zu verschließen. Es half alles nichts. Wenn wir noch Informationen von ihr kriegen wollten, mussten wir sie zu einem Heiler bringen. Semira rannte los. Ich folgte ihr, die Frau in meinen Armen. Dem Einen sei dank, Semira fand einen Mönch der Aronianer, welcher sich die Frau sofort anschaute. Er gab uns Anweisung ihm zu folgen. Die Frau musste sofort ins Krankenhaus, wenn sie noch eine Chance haben sollte.

Da sind wir nun in der heiligen Stadt Raverra. Zur heiligsten Zeit, am heiligsten Ort auf Avalun. Aber anstatt Frieden und Gerechtigkeit zu finden, scheinen uns Tod und Verderben auf Schritt und Tritt zu folgen. Können wir das drohende Unheil noch aufhalten oder sind wir bereits seine Vorboten?

storytelling/tagebuchauszuege_kronen_und_koenige.txt · Zuletzt geändert: 2011-01-09 09:44 von 127.0.0.1

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